Mit ‘Entrümpeln’ getaggte Artikel

Die Woche danach

Mittwoch, 17. November 2010

Na? Wie geht es dir jetzt so, ohne das kleine Blaue? Tja. Seltsam, irgendwie. An den ersten Tagen habe ich mich merkwürdig nackt gefühlt, ich hatte tatsächlich so was wie Entzugserscheinungen. Morgens stand ich länger als üblich vor meinem Schrank, gelähmt von der Qual der Wahl. Es war ja nun durchaus nicht so, dass ich meinen Kleiderschrank nicht genutzt hatte im Lauf des letzten Jahres, das kleine Blaue hatte ja jeden Tag einen neuen Spielkameraden. Aber jetzt, so ganz ohne Vorgabe, war das Anziehen plötzlich… komplizierter, nicht etwa einfacher. Was ich derzeit so trage? Nichts Aufregendes. Jeans, Pullover, Leggings, Hemden, viel Schwarz – die übliche Meike-Uniform eben. Erstaunlicherweise nichts, was ich sehr genieße, weil ich es etwa vermisst hätte im vergangenen Jahr.
Und erstaunlicherweise habe ich auch nicht das geringste Bedürfnis, mir etwas Neues zu kaufen, auch das hatten ja viele vermutet. Im Gegenteil: In den letzten Tagen habe ich noch mal radikal ausgemistet, fast noch entschiedener als davor. T-Shirts, Hemden, Jeans (gleich mehrere), ein Jackett, Kleider, auch Schuhe, das kann jetzt alles weg (und ist es auch schon, das „Und tschüß“ findet weiter statt, aber nicht mehr öffentlich). Das Blaue steckt mir in den Knochen, so scheint es.

Die Dinge, die wir aus Liebe tun haben

Donnerstag, 04. Februar 2010

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Das herzzerreißendste Buch seit langem: Leanne Shaptons fiktiver Auktionskatalog mit den Überresten einer Liebesgeschichte. Postkarten, CDs, Salz- und Pfefferstreuer, Theaterkarten – all das, was bleibt, wenn die Liebe geht: Zeugs.

Wir suchen überall das Unbedingte und finden immer nur Dinge. Novalis

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How to

Freitag, 11. Dezember 2009

Es gibt in Entrümplungsratgebern ja meist den Rat, alles wegzuwerfen, was man ein Jahr lang nicht benutzt hat. Menschen, denen das zu radikal erscheint, können mit der Drei-Fragen-Methode beginnen. Brauche ich das? Macht es mich glücklich? Und meine Lieblingsfrage: Wusste ich überhaupt, dass ich das besitze?

„Eleganz ist Verweigerung“ (Diana Vreeland)

Donnerstag, 12. November 2009

Ich besitze elf Gürtel. Das ist deshalb interessant, weil ich niemals Gürtel trage. Aber ich scheine sie zu kaufen. Nur wozu? Jetzt immerhin bekommen sie endlich was zu tun, zum ersten Mal in ihrem trostlosen Leben in meinem Kleiderschrank.

Und wenn wir schon beim Zählen sind: In meinem Kleiderschrank hängen unter vielem, vielem anderen sieben weiße Hemden, neun Paar Jeans (auf der rechten Seite die für dicke, links die für dünne Phasen), vier schwarze Jacketts, mindestens zehn Tops der Kategorie „Ich muss verrückt gewesen sein“ (ausschließlich in der Umkleidekabine und zuhause vor dem Spiegel getragen)… und so weiter. Mit anderen Worten: Es handelt sich um einen typischen Frauen-Kleiderschrank, gut gefüllt und völlig unterbeschäftigt. Es gibt Schätzungen, dass die durchschnittliche westeuropäische Frau nur etwa zehn Prozent ihrer Garderobe tatsächlich trägt. Der Rest hängt nur da. Ungeliebt, ungetragen, unpassend – einfach nur für das beruhigende Gefühl, eine große Auswahl zu haben. Um dann doch jeden Morgen wieder nur zu denselben Jeans und demselben Pullover zu greifen wie vorvorgestern.

Warum also die Garderobe nicht gleich auf die zehn Prozent reduzieren, die man tatsächlich anzieht? Das war die Ausgangsüberlegung für dieses Experiment. Und dann geriet es irgendwie aus dem Ruder und ich dachte: Warum nicht auf 1 Prozent reduzieren? Zumindest für eine Weile?

Leicht wird es nicht, denn eigentlich liebe ich die Auswahl. Ich liebe die Illusion, dass eine große Palette mich bessere Bilder malen lässt. Und ich glaube an die Verwandlungskraft der Mode. Ich glaube, dass man sich von außen nach innen anziehen kann: Wenn ich ein großartiges Outfit trage, fühle ich mich auch so. Ich kann mir Stärke anziehen, Lässigkeit, Arroganz, Lieblichkeit – das alles färbt nach innen durch.

Was also wird passieren, wenn man die Kleiderkrücke nicht mehr hat, um sich auszudrücken und für die Welt zu rüsten, sondern ganz auf sich gestellt ist? Wenn man sozusagen nackt ist – wenn die Hülle nichts bedeutet, weil sie jeden Tag dasselbe erzählt?