Mit ‘Genug’ getaggte Artikel

Die Woche danach

Mittwoch, 17. November 2010

Na? Wie geht es dir jetzt so, ohne das kleine Blaue? Tja. Seltsam, irgendwie. An den ersten Tagen habe ich mich merkwürdig nackt gefühlt, ich hatte tatsächlich so was wie Entzugserscheinungen. Morgens stand ich länger als üblich vor meinem Schrank, gelähmt von der Qual der Wahl. Es war ja nun durchaus nicht so, dass ich meinen Kleiderschrank nicht genutzt hatte im Lauf des letzten Jahres, das kleine Blaue hatte ja jeden Tag einen neuen Spielkameraden. Aber jetzt, so ganz ohne Vorgabe, war das Anziehen plötzlich… komplizierter, nicht etwa einfacher. Was ich derzeit so trage? Nichts Aufregendes. Jeans, Pullover, Leggings, Hemden, viel Schwarz – die übliche Meike-Uniform eben. Erstaunlicherweise nichts, was ich sehr genieße, weil ich es etwa vermisst hätte im vergangenen Jahr.
Und erstaunlicherweise habe ich auch nicht das geringste Bedürfnis, mir etwas Neues zu kaufen, auch das hatten ja viele vermutet. Im Gegenteil: In den letzten Tagen habe ich noch mal radikal ausgemistet, fast noch entschiedener als davor. T-Shirts, Hemden, Jeans (gleich mehrere), ein Jackett, Kleider, auch Schuhe, das kann jetzt alles weg (und ist es auch schon, das „Und tschüß“ findet weiter statt, aber nicht mehr öffentlich). Das Blaue steckt mir in den Knochen, so scheint es.

Auf Entzug

Dienstag, 02. März 2010

Sehr tapfer: Eine Gruppe von gut 100 Frauen (und zwei Männern) hat sich vorgenommen, ein Jahr lang keine Kleidung zu kaufen. Sie schreiben ein gemeinsames Blog.

Flasche leer

Dienstag, 15. Dezember 2009

Nils Minkmar schrieb neulich in der FAS vom Über-Ich, das schon nervös wird, wenn der Handy-Akku halb leer ist. Ich fühlte mich wahnsinnig ertappt und stelle seitdem fest: Ausgequetschte Zahnpastatuben, fast leere Flaschen, Toilettenpapierrollen, an denen nur noch ein paar Blatt sind, machen mich ebenfalls nervös. So nervös, dass ich immer das fast zwanghafte Bedürfnis hatte, sie auf der Stelle durch volle, pralle, frische, neue zu ersetzen. Schon die Möglichkeit des Mangels schien unerträglich. Erste Nebenwirkung des kleinen Blauen: Ich kann die Dinge jetzt zu Ende gehen oder sogar alle werden lassen. Eine Erkenntnis dabei: In einer leeren Zahnpastatube ist immer noch Zahnpasta für eine Woche.

Ich habe genug

Samstag, 12. Dezember 2009

kalman18.1

Diese Zeichnung von Maira Kalman, der Witwe des großen Tibor, hatte ich lange an meiner Bürowand (sie stammt aus ihrem hinreißenden gezeichneten Blog in der New York Times), eben habe ich mich daran erinnert. Weil ich heute dasselbe dachte: Ich habe genug. Im obigen Sinn. Ein sehr friedliches Gefühl.

Ebenfalls sehr friedlich macht ein Interview in der Dezember-Ausgabe von “How to spend it” mit “Wall Street Journal”-Reporter Robert Frank über sein Buch Richistan. Darin führt er nicht nur den schönen Begriff “Poorgeoisie” ein für die Reichen, die sich neuerdings genügsam geben, sondern trägt auch sonst Nützliches zu unserem Thema bei:

Vor etwa einem Jahr habe ich zum ersten Mal den Ausdruck “I shopped my closet” gehört. Damit ist gemeint: Frauen, die früher ein Vermögen in Boutiquen gelassen haben, gehen jetzt im eigenen Kleiderschrank einkaufen.
htsi: Und entdecken, was sie alles schon haben?
Frank: Genau. In einem Apartment, das ich in Manhattan besichtigt habe, besitzt die Dame des Hauses so viele Kleider, dass sie in ihrem Schrankzimmer ein Förderband, wie man es aus der Reinigung kennt, installiert hat. Nur so kann sie die Flut kontrollieren.